06.
November

 

Investorenfalle – Milieuschutz ?!

Die jüngsten Entwicklungen ● Probleme und Lösungen

  • Was bedeutet Milieuschutz?
  • Neues aus den Berliner Bezirken
  • Kauf und Teilung
  • Entwicklung von Bestandsimmobilien
  • Aufhebung von Milieuschutzgebieten

 

I. Was bedeutet Milieuschutz?
Milieuschutzgebiete sind fest definierte Gebiete innerhalb einer Gemeinde (in Berlin: Bezirke). Sie werden durch eine entsprechende Milieuschutzsatzung (in Berlin: Milieuschutzverordnung) oder vereinzelt auch durch einen Bebauungsplan festgesetzt. Rechtsgrundlage hierfür ist § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB. Der Milieuschutz soll die angestammte Wohnbevölkerung in dem jeweiligen Gebiet vor Verdrängung schützen. Milieuschutzverordnungen gehören zu den sozialen Erhaltungsverordnungen.

 

II. Neues aus den Berliner Bezirken
Aktuell lässt der Berliner Bezirk Mitte für das Gebiet um die Kurfürstenstraße Untersuchungen für die Vorbereitung eines Milieuschutzgebietes anstellen. Weitere zehn Milieuschutzgebiete im Bezirk Mitte sind um die Soldiner Straße, Kattegatstraße, Reinickendorfer Straße, Humboldthain Nord-West, Oranienburger Straße, Alexanderplatzviertel, Invalidenstraße, Thomasiusstraße, Lützowstraße und Körnerstraße geplant. In dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf haben sich Einwohner zu einer Bürgerinitiative „Quartier Fasanenplatz“ zusammengeschlossen. Sie wollen erreichen, dass das Gebiet, welches von der Uhlandstraße, Sächsische Straße, Bamberger Straße, Lietzenburger Straße und Teilen von der Berliner Straße begrenzt wird, als Milieuschutzgebiet festgesetzt wird. Auf Antrag der Bürgerinitiative „An der Kappe“ beschäftigt sich die Bezirksverordnetenversammlung Spandau am 25. April 2018 mit der Frage, ob das Areal der Großsiedlung An der Kappe, Borkzeile, Petzoldweg, Seegefelder Straße mit ca. 1.100 Wohneinheiten unter Milieuschutz gestellt werden sollte. Die dort lebenden Seniorinnen und Senioren sollen vor Verdrängung geschützt werden. Hierzu soll zunächst eine Voruntersuchung durchgeführt werden. Zuvor hat bereits die Partei DIE LINKE am 20. Februar 2017 den Antrag gestellt, Spandaus Kieze unter Milieuschutz zu stellen und hierfür Gutachten in Auftrag zu geben. Am 10. Juli 2017 brachte die Linksfraktion den Antrag konkret für die Spandauer Neustadt ein. Die SPD Spandau stellte am 12. März 2018 Anträge, Voruntersuchungen einzuleiten, um die Spandauer Neustadt sowie die Wilhelmsstadt unter Milieuschutz stellen zu können. Über die Anträge wurde noch nicht entschieden. In Spandau hat sich zudem ein parteiübergreifender runder Tisch zum Thema Milieuschutzgebiete gegründet. Durch ihn soll eine gemeinsame Linie auch in Bezug auf die Umsetzung in der Bezirksverordnetenversammlung gefunden werden.

Von der Milieuschutzverordnung betroffene Grundstückseigentümer können, wenn es zum Erlass einer Milieuschutzverordnung kommt, diese innerhalb einer Jahresfrist ab Bekanntmachung vor dem Oberverwaltungsgericht durch ein Normenkontrollverfahren gemäß § 47 VwGO überprüfen lassen.

III. Kauf und Teilung

1. Vorkaufsrecht des Bezirks

 

Bei dem Kauf von Grundstücken, die sich im Geltungsbereich eines Milieuschutzgebietes befinden, ist das gesetzliche Vorkaufsrecht des Bezirks zu beachten. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB hat der Bezirk im Geltungsbereich einer Milieuschutzverordnung bei Verkauf der Immobilie ein gesetzliches Vorkaufsrecht, d.h. er tritt auf Käuferseite in den Kaufvertrag ein. Es steht im freien Ermessen des Bezirks, ob er das Vorkaufsrecht ausübt oder nicht, was Investoren die Planung und Projektentwicklung erschwert. Die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts beträgt zwei Monate ab Erhalt des Kaufvertrages durch den beurkundenden Notar. Oftmals erfährt der Bezirk aber auch schon vorher von Mietern, dass ein Verkauf ansteht.

 a. Abwendung des Vorkaufsrechts

Der Käufer, der die Ausübung des Vorkaufsrechts des Bezirks verhindern möchte, kann den Vorkaufsfall abwenden. Der Bezirk verlangt hierzu regelmäßig nicht nur die verpflichtende Erklärung des Käufers, das Grundstück im Sinne der Milieuschutzverordnung zu nutzen und hierzu auch in der Lage zu sein, sondern vielmehr den Abschluss einer Abwendungsvereinbarung in Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrages. In dieser Abwendungsvereinbarung werden oftmals Pflichten des Käufers vereinbart, die weit über die gesetzlichen Anforderungen an den Milieuschutz hinausgehen. Zum Beispiel verlangt der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg in seiner Muster-Abwendungsvereinbarung von dem Erwerber, auf die Begründung von Wohn- oder Teileigentum zu verzichten. Ebenso soll sich der Erwerber dazu verpflichten, den Rückbau, energetische Sanierungsmaßnahmen sowie das Anbauen von Balkonen und Fahrstühlen zu unterlassen. Der Erwerber muss sich hierauf mitunter bis zu 20 Jahre lang verpflichten und dem Land Berlin zur dinglichen Sicherung eine entsprechende Dienstbarkeit im Grundbuch gewähren. Die Abwendungsvereinbarungen sehen auch regelmäßig empfindliche Vertragsstrafen vor.

Die Muster-Abwendungsvereinbarung des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg (Stand: März 2017) ist abrufbar unter: https://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/politik-und-verwaltung/bezirksamt/florian-schmidt/artikel.574275.php)

Der Käufer muss sich nicht über die gesetzlichen Vorgaben hinaus verpflichten. Lässt der Bezirk hier nicht mit sich verhandeln, könnte der Käufer vor dem Verwaltungsgericht gegen den dann folgenden Ausübungsbescheid vorgehen.

b. Kein Vorkaufsrecht im Geltungsgebiet eines Bebauungsplans

Das Kammergericht überprüft aktuell eine Entscheidung des Landgerichts Berlin, wonach der Bezirk dann gem. § 26 Nr. 4 BauGB kein gesetzliches Vorkaufsrecht hat, wenn die zu verkaufende Immobilie im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegt, diesen Festsetzungen entspricht und keine Missstände vorliegen, sog. Privileg der maßnahmenkonformen Nutzung.

c. Kein Vorkaufsrecht bei Rechten nach Wohnungseigentumsgesetz und Erbbaurechten

Das Vorkaufsrecht des Bezirks ist ausgeschlossen, wenn bereits aufgeteilte Wohnungen verkauft oder nur Erbbaurechte an dem Grundstück vergeben werden, vgl. § 24 Abs.2 BauGB.

d. Möglichkeiten der Grundstücksübertragung ohne Vorkaufsrecht

Das gesetzliche Vorkaufsrecht tritt nur bei Grundstücksverkäufen ein. Es sind neben dem klassischen Grundstückskaufvertrag jedoch auch andere Übertragungsformen möglich, ohne dass ein Vorkaufsrecht für den Bezirk besteht. So kann die Unsicherheit in Bezug auf die Ausübung des Vorkaufsrechts und der Aufwand der rechtlichen Überprüfung minimiert werden.

2. Aufteilung

Für die Begründung von Wohn- und Teileigentum ist die erforderliche Genehmigung gemäß § 172 Abs.4 Satz 2 BauGB u.a. nur zu erteilen, wenn eine Versagung dem Eigentümer wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Die Annahme einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit ist an hohe Anforderungen geknüpft und immer objektbezogen zu ermitteln. Es kommt auf die konkrete Immobilie und deren Verwertung, nicht aber auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Eigentümers an.

Darüber hinaus sind in § 172 Abs. 4 Satz 3 BauGB Fälle aufgezählt, in denen eine Genehmigung zur Begründung von Wohn- und Teileigentum zu erteilen ist. Zu genehmigen ist z.B. die Begründung von Wohneigentum, wenn sich der aufteilende Eigentümer verpflichtet, Wohneigentum/Teileigentum innerhalb von sieben Jahren nur an Mieter zu verkaufen. Bedeutsam wird dies auch im Zusammenhang mit der oben erläuterten Abwendungsvereinbarung zum Vorkaufsrecht. Sehr oft werden in der Abwendungsvereinbarung diese ausdrücklich genehmigungsfähigen Vorhaben ausgeschlossen.

Für Eigentümer von Immobilien, die sich noch nicht in Milieuschutzgebieten befinden, gilt es daher die Bestrebungen des betroffenen Bezirks zu prüfen und entsprechende Vorbereitungen zu treffen.

IV. Entwicklung von Bestandsimmobilien

Für die Entwicklung von Bestandsimmobilien in Milieuschutzgebieten ist der Genehmigungsvorbehalt aus § 172 Abs. 1 Nr. 2 BauGB zu beachten. Nicht erlaubt sind Vorhaben, durch die eine Verdrängung der vorhandenen Wohnbevölkerung zu befürchten ist. Es kommt nicht auf eine tatsächliche Verdrängung durch das konkrete Vorhaben an. Es kommt nur darauf an, ob es aufgrund seiner Vorbildwirkung generell dazu geeignet ist, tendenziell eine solche Verdrängungsgefahr für die Wohnbevölkerung auszulösen und ob eine solche Verdrängung nachteilige Folgen für die städtebauliche Situation mit sich bringen kann.

Dies wird allgemein bejaht, wenn ein im Milieuschutzgebiet üblicher Ausstattungsstandard überschritten wird und zu einer nicht nur geringfügigen Mieterhöhung führen kann. Der übliche Ausstattungsstandard ist entsprechend überschritten, wenn der Wohnkomfort in nicht unerheblicher Weise gesteigert und damit mietpreisrelevant wird. Dies entscheidet sich nach dem Gesamteindruck in einer abstrakten Betrachtungsweise, was den Behörden einen nicht unerheblichen Spielraum lässt.

1. Abriss/Rückbau

In Milieuschutzgebieten ist die Genehmigung für ein Abrissvorhaben zu erteilen, wenn die Erhaltung der Anlage nicht mehr zumutbar ist. An die Annahme einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit sind jedoch hohe Anforderungen geknüpft. Insoweit gilt das zur Aufteilung Gesagte. Es kommt auf den Erhaltungszustand und die Erhaltungsmöglichkeiten der Immobilie an. Für eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit müssen die Kosten der Erhaltung und Bewirtschaftung dauerhaft und spürbar die Erträge übersteigen.

2. Umbau/Ausbau

In Milieuschutzgebieten ist ein Um- bzw. Ausbau nur in engen Grenzen erlaubt. Hierzu zählt § 172 Abs. 4 Satz 3 BauGB Konstellationen auf, in denen eine Genehmigung zu erteilen ist:

  • Die Herstellung eines zeitgemäßen Ausstattungsstandards einer durchschnittlichen Wohnung unter Berücksichtigung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen.
    Bei der Ermittlung, was ein zeitgemäßer Ausstattungsstandard einer durchschnittlichen Wohnung ist, ist problematisch, was hier als Vergleich heranzuziehen ist. Zum Teil wird auf das Milieuschutzgebiet selbst abgestellt. Es wird aber auch vertreten, nicht auf das geschützte Wohngebiet abzustellen, sondern einen allgemeinen Vergleichsmaßstab anzusetzen.
  • Die Anpassung an die Mindestanforderungen der Energieeinsparverordnung ist ausdrücklich zu genehmigen.

Ferner sind nach der Rechtsprechung genehmigungsfähig:

  • Bei Eigennutzung durch den Eigentümer oder dessen Familienangehörigen nach Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen ist, aufgrund des Eigentümerprivilegs des Art. 14 Grundgesetz, auch ein über dem Durchschnitt liegender Ausstattungsstandard zu genehmigen. Die künftige Eigennutzung muss hierfür aber sichergestellt werden. Als Zeitraum für die Eigennutzung wird meist die Haltefrist von sieben Jahren aus § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 BauGB herangezogen.
  • Schaffung von neuem Wohnraum/Dachgeschossausbau.
  • Anbau von Fahrstühlen zur Erschließung neuen Wohnraums und wenn die Errichtung von der Bauordnung vorgeschrieben ist.

3. Nutzungsänderung

Bei der Nutzungsänderung ist die Umwandlung von Gewerberaum zu Wohnraum unproblematisch möglich. Andersherum ist eine Nutzungsänderung von Wohn- zu Gewerberaum nicht genehmigungsfähig, da hierdurch Wohnraum entzogen wird.

4. Die Genehmigungskriterien der Berliner Bezirke

Die Bezirke in Berlin beschließen für die einheitliche Bearbeitung von Genehmigungsanträgen für die unter Genehmigungsvorbehalt stehenden Vorhaben in den Milieuschutzgebieten, eigene Genehmigungskriterien. Die Genehmigungskriterien sollen die gesetzlichen Vorgaben konkretisieren. Sie stellen behördeninterne Handlungsanweisungen dar, wie über Genehmigungsanträge zu entscheiden ist. Hier kann es von Bezirk zu Bezirk zu Differenzen kommen. Beispielhaft werden die Kriterien des Bezirkes Neukölln aus dem Bezirksamtsbeschluss vom 7. November 2017 genannt, wann eine Genehmigung nicht erteilt werden soll:

  • Einbau/Anbau besonders kostenintensiver Aufzüge/Fassadengleiter.
  • Zweites Bad/zweite Dusche/zweites WC; hiervon ausgenommen sind Wohnungen mit vier oder mehr Wohnräumen, wenn die Zahl der Wohnräume durch den Einbau nicht verringert wird.
  • Nicht erforderliche Grundrissänderungen; insbesondere bei Veränderung der Wohnfläche und Zimmeranzahl (Wohnküchen, Veränderung von bereits vollausgestatteten Bädern).
  • Wohnungsteilungen und Wohnungszusammenlegungen und zwar auch bei Zusammenlegung von bereits bestehendem mit neu geschaffenen Wohnraum (Dachgeschoss-Maisonetteeinheit).
  • Maßnahmen zur Energieeinsparungen, die über die Mindestanforderungen der EnEV hinausgehen.
  • Anbau von besonders kostenaufwendigen Erstbalkonen; Schaffung von Balkonen, Loggien, Terrassen und Wintergärten, wenn die Wohnung bereits einen Balkon oder eine Terrasse aufweist. Erstbalkone, die eine Grundfläche von 4 qm überschreiten, sind nicht genehmigungsfähig.
  • Besonders hochwertige Wohnungs- und Gebäudeausstattung: Fußbodenheizung, Video-Gegensprechanlage, Einbau eines Innenkamins, hochwertige Bad- und Küchenausstattung, bodentiefe Fenster, repräsentative Eingangsbereiche und Treppenhäuser.
  • Schaffung von zur Wohnung gehörender Stellplatzanlagen.
  • Abriss von Wohngebäuden oder Wohneinheiten, es sei denn, dass die Erhaltung der Anlage nicht mehr zumutbar ist.
  • Nutzungsänderung von Wohnraum in Gewerbe.

5. Die exzessive Genehmigungsversagung der Berliner Bezirke

Die Genehmigungspraxis der Bezirke zeigt eine exzessive Auslegung der Genehmigungsverbote. In Pankow wurde die minimale Vergrößerung eines sog. Schlauchbades von 75 auf 110 cm Breite abgelehnt. Die Verbreiterung ist für die Bewegungsfreiheit der Mieter notwendig, sodass diese für die Duschbenutzung nicht erst über die Toilette steigen müssen. Die Breitenmaße von 75 cm sind noch aus dem 19. Jahrhundert, als Wohnungen noch keine innenliegenden Bäder hatten, und sich Mieter mit einer minimalen Abtrennung zur Küche in Duschwannenbreite beholfen hatten. Dem Bezirk Pankow nach soll dies so bleiben. Eine Verbreiterung des Bades – die nur eine Anpassung an den normalen Ausstattungsstandard bedeutet – kann nach Ansicht des Bezirks Pankow nicht genehmigt werden. An anderer Stelle wurde wiederum zur Schaffung von innenliegenden Bädern auch eine Wohnungszusammenlegung genehmigt.

Bei der Zusammenlegung von Wohnraum gibt es in der Regel immer Probleme. Nach Ansicht der Bezirke werden dem geschützten Gebiet hierdurch zwei kleine (bezahlbare) Wohnungen entzogen unter Entstehung einer teuren großen Wohnung. Selbst wenn durch die Versagung der Genehmigung eine fest in dem Milieuschutzgebiet verwurzelte Familie verdrängt werden würde, weil sie in ein vollkommen anderes Wohngebiet umziehen müsste, ändert dies nichts an dieser Praxis. Hier steht die Genehmigungspraxis schon im Widerspruch zu den Zielen der Milieuschutzverordnung. Eine hierzu ergangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin wird derzeit vor dem Oberverwaltungsgericht überprüft. Auch bei dem Anbau von Fahrstühlen musste in einem anderen Fall erst eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts ergehen, um eine Genehmigung zu erhalten.

6. Die sogenannten „Verordnungsmieten“

Im Genehmigungsverfahren ziehen manche Bezirke sog. „Verordnungsmieten“ als Prüfungsmaßstab heran. In den „Verordnungsmieten“ hat der Bezirk die jeweiligen Mieten des Milieuschutzgebietes ermittelt. Liegt die zu erzielende Miete nach einer Modernisierung über diesen „Verordnungsmieten“, ist dies für den Bezirk ein Indiz dafür, dass eine Verdrängung im Milieuschutzgebiet droht. Der Bezirk versucht dann im Rahmen des Genehmigungsverfahrens den Antragsteller zu verpflichten, auf die Umlage der Modernisierungskosten auf die Miete zu verzichten. Dies ist jedoch nicht zulässig. Der Bezirk kann die Umlegung der Modernisierungskosten bei Modernisierungsmaßnahmen, die lediglich einer zeitgemäßen Ausstattung entsprechen, nicht unterbinden. Gleiches gilt für die Androhung, die Genehmigung zu versagen, wenn eine entsprechende Mietpreisverpflichtung nicht unterzeichnet wird. Auch hier sollte zunächst eine umfassende rechtliche Prüfung erfolgen und ggf. das Genehmigungsbegehren vor dem Verwaltungsgericht verfolgt werden.

V. Aufhebung von Milieuschutzgebieten

Auch die Aufhebung von bestehenden Milieuschutzgebieten ist möglich und unter Umständen auch angezeigt.

Der Bezirk Mitte hat nach eigenen intensiven Untersuchungen die Milieuschutzverordnung „Oranienburger Vorstadt“ aufgehoben. Ein Großteil der Wohnungen sind Eigentumswohnungen, Tendenz steigend. Gleiches gilt für die Anzahl der einkommensstarken Haushalte. Der durch die Milieuschutzverordnung vorausgesetzte Aufwertungsdruck sowie ein notwendiges Verdrängungspotential waren daher nicht mehr gegeben. Schon 2007 hat der Bezirk Mitte aus denselben Gesichtspunkten im Moabiter Stephankiez sowie 2008 in der Friedrich-Wilhelm-Stadt den Milieuschutz aufgehoben. Dem gingen zwei Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Berlin voraus, in denen dem Bezirk Mitte empfohlen wurde, die Milieuschutzverordnungen zu überprüfen und ggf. aufzuheben. Auch der Bezirk Pankow hat nach massivem Druck durch Amtshaftungsklagen vor dem Landgericht Berlin sowie Normenkontrollklagen vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Verordnung vom 11. Juni 2013 die Milieuschutzverordnung Belforter Straße 5 – 8, Straßburger Straße 33 – 36, Metzer Straße 35 – 37 in dem Stadtteil Prenzlauer Berg aufgehoben. Hierdurch konnte der Bezirk erhebliche Schadensersatzzahlungen wegen zu Unrecht nicht erteilter Genehmigungen vermeiden.

Rechtsanwalt und Notar Michael Ch. Bschorr
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Rechtsanwalt Jochen Mittenzwey
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
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