02.
Dezember

Am 1.12.2020 ist die WEG-Reform (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz – WEMoG) in Kraft getreten. Die WEG-Reform hält zahlreiche neue Regelungen im Wohnungseigentümerrecht bereit und ändert das bisher Bekannte zum Teil grundlegend. Von den Änderungen sind vor allem die Wohnungseigentümer und Verwalter betroffen. Die neue Fassung des Wohnungseigentumsgesetz (kurz: WEG) in der ab dem 1.12.2020 geltenden Fassung können Sie hier nachlesen.

Die Änderungen stellen wir nachfolgend kurz vor:

  • Wohnungseigentümergemeinschaft ist Träger der Verwaltung

Mit der WEG-Reform wurde die oft zu Problemen führende Unterscheidung wer im Einzelfall (Gemeinschaft oder Sondereigentümer) Träger von Rechten und Pflichten ist, beseitigt. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist nunmehr Träger der gesamten Verwaltung. Sie handelt durch ihre Organe. Die Eigentümerversammlung ist das Willensbildungsorgan, der Verwalter das Vertretungsorgan.

  • Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft

Um die bisher bestehenden Rechtsunsicherheiten bezüglich der Rechtsfigur der „werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft“ auszuräumen, entsteht die Wohnungseigentümergemeinschaft nun bereits nach der Anlegung des ersten Wohnungsgrundbuchs. Ersterwerber können bereits ab Besitzübergabe über die Verwaltung mitendscheiden, vgl. § 8 Abs.3 WEG (neu).

  • Anfechtungsklagen sind gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft zu richten

Waren Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen vor der WEG-Reform gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten, so richten sich solche Klagen nunmehr allein gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft als Träger der Verwaltung.

  • Zertifizierter Verwalter

Neu ist, dass jeder einzelne Wohnungseigentümer fortan das Recht hat im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung die Bestellung eines zertifizierten Verwalters zu verlangen, vgl. § 19 Abs.2 Nr. 6 WEG (neu). Hierzu muss der Verwalter eine Prüfung bei der Industrie und Handelskammer ablegen, um sich zertifizieren zu lassen, vgl. § 26a Abs.1 WEG (neu). Dieser Anspruch besteht erstmals zwei Jahre nach Inkrafttreten der WEG-Reform, also ab dem 1.12.2022. Verwalter die bereits vor Inkrafttreten der WEG-Reform bestellt waren, gelten gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft noch bis zum 1.6.2024 als zertifizierter Verwalter. Eine Ausnahme von dem Anspruch auf Bestellung eines zertifizierten Verwalters besteht in kleineren Anlagen in Fällen der Eigenverwaltung (weniger als neun Sondereigentumsrechte und ein Wohnungseigentümer ist der Verwalter). Verlangt in solchen Fällen allerdings ein Drittel der Wohnungseigentümer einen zertifizierten Verwalter, muss dieser auch bestellt werden.

Von der Zertifizierung unberührt bleibt die seit 2018 geltende Fortbildungspflicht von Verwaltern.

  • Erweiterte Befugnisse des Verwalters

Die Befugnisse des Verwalters werden erweitert. In Sachen von untergeordneter Bedeutung, die nicht zu erheblichen Verpflichtungen der Wohnungseigentümergemeinschaft führen, kann der Verwalter ohne vorherige Beschlussfassung entscheiden. Die Größe der Anlage soll dabei als Maßstab für die Bedeutung der Sache und die Erheblichkeit der Verpflichtung sein. Umso größer die Anlage umso mehr müsse der Verwalter eigenverantwortlich klären können. Ohne Beschlussfassung soll z.B. die Beauftragung von kleineren Reparaturen, der Abschluss von Versorgungs- und Dienstleistungsverträgen mit eingeschränktem Umfang oder die gerichtliche Durchsetzung von Hausgeldforderungen möglich sein. Die Wohnungseigentümer können gemäß § 27 Abs.2 WEG (neu) die Verantwortungsbereiche des Verwalters – etwa durch einen Maßnahmenkatalog oder Wertgrenzen – definieren oder von der Zustimmung der Wohnungseigentümer, des Beirats oder eines Dritten abhängig machen.

  • Außenvollmacht des Verwalters

Der Verwalter besitzt im Außenverhältnis fortan eine gerichtliche und außergerichtliche Vertretungsbefugnis für die Wohnungseigentümergemeinschaft, vgl. § 9b Abs.1 WEG (neu). Allerdings benötigt der Verwalter für den Abschluss eines Darlehensvertrages oder eines Grundstückskaufvertrages einen Beschluss der Wohnungseigentümer.

  • Recht auf Akteneinsicht

Die Wohnungseigentümer haben fortan gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft einen gesetzlichen Anspruch auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen, vgl. § 18 Abs.4 WEG (neu).

  • Abberufung des Verwalters nun einfacher

Die Trennung von einem Verwalter ist für die Wohnungseigentümergemeinschaft nun einfacher gestaltet worden. Die Abberufung ist nicht mehr von einem wichtigen Grund abhängig. Die Wohnungseigentümer können den Verwalter vielmehr jederzeit abberufen. Spätestens sechs Monate nach der Abberufung endet der Verwaltervertrag.

  • Keine Kostenentscheidung zulasten des Verwalters mehr

Die Regelung, dass dem Verwalter gemäß § 49 Abs.2 WEG bei groben Verschulden die Prozesskosten aufzuerlegen waren, wurde gestrichen. Dies lässt aber materiell rechtliche Schadensersatzansprüche, insbesondere gegen den Verwalter unberührt.

  • Verwaltungsbeirat wird flexibler

Die bisherige Festlegung auf drei Beiratsmitglieder entfällt. Die Wohnungseigentümer können die Zahl der Beiratsmitglieder durch Beschluss flexibel festlegen. Zudem wird die Haftung der ehrenamtlichen Beiratsmitglieder auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt, vgl. § 29 Abs.3 WEG (neu). Ferner hat der Beirat neben der Unterstützung nunmehr auch die Überwachung des Verwalters als neues Aufgabengebiet übertragen bekommen.

  • Vereinfachung der Eigentümerversammlungen und der Beschlussfassung

Die Digitalisierung hält nun auch bei den Eigentümerversammlungen Einzug. In § 23 Abs.1 WEG (neu) wird den Eigentümern die Beschlusskompetenz gegeben, Eigentümern die Online-Teilnahme an der Eigentümerversammlung zu ermöglichen. Die Abschaffung der Präsenzversammlungen per Mehrheitsbeschluss ist hiervon aber nicht umfasst.

Neu ist auch, dass die Eigentümerversammlung nunmehr unabhängig von der Zahl der anwesenden oder vertretenen Eigentümer beschlussfähig ist. Die alte Regelung in § 25 Abs.3 WEG (alt) wurde gestrichen. Die Einberufungsfrist für Eigentümerversammlungen wurde von zwei auf drei Wochen verlängert. Für ein Einberufungsverlangen genügt die Textform. Gleiches gilt für Umlaufbeschlüsse. Ist die Einberufung durch den Verwalter oder Beiratsvorsitzenden nicht möglich, kann dies auch durch die Wohnungseigentümer erfolgen. Das Protokoll der Eigentümerversammlung muss nun unverzüglich im Anschluss erstellt werden, vgl. § 24 Abs.6 Satz 1 WEG (neu).

  • Beschlusssammlung bleibt

Der ursprüngliche Gesetzesentwurf, der die Pflicht zur Führung der Beschlusssammlung gestrichen hatte, konnte sich nicht durchsetzen. Die Pflicht bleibt daher bestehen.

  • Beschlüsse zur Sanierung und Modernisierung

Vereinfacht wurden die Beschlussfassungen über die Durchführungen von baulichen Veränderungen am Gemeinschaftseigentum oder der Gestattung von baulichen Veränderungen. Nach § 20 Abs.1 WEG (neu) reicht hierfür nun eine einfache Mehrheit ohne dass es auf die Zustimmung aller von einer Maßnahme betroffenen Eigentümer ankommt. Die Eigentümer die dem Beschluss zustimmen haben erstrangig die Kosten für die Maßnahmen zu tragen. Wenn eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen und mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile zugestimmt haben, erfolgt die Kostenverteilung auf alle Eigentümer nach den Miteigentumsanteilen. Eine Ausnahme hiervon gibt es, wenn einzelne Eigentümer durch unverhältnismäßig hohe Kosten finanziell überfordert werden würden. Ferner ist eine Kostenverteilung dann auf alle Eigentümer vorgesehen, wenn sich die Kosten nach einem angemessenen Zeitraum amortisieren, vgl. § 21 WEG (neu).

  • Erweiterte Entscheidung über Kostentragung möglich

Wohnungseigentümer können gemäß § 16 Abs.2 WEG (neu) mit einfacher Stimmenmehrheit und losgelöst vom Einzelfall über die Verteilung einzelner Kosten oder Kostenarten beschließen.

  • Neue Regelungen zur Jahresabrechnung

Der Inhalt der Beschlussfassung zur Jahresabrechnung wurde konkretisiert, d.h. die Wohnungseigentümer beschließen über die Einforderung von Nachschüssen oder Anpassung der beschlossenen Vorschüsse, vgl. § 28 Abs.2 WEG (neu). Verwalter sind nunmehr dazu verpflichtet, nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Vermögensbericht aufzustellen, § 28 Abs.4 WEG (neu).

  • Grundbucheintragung von vereinbarungsändernden Beschlüssen erforderlich

Nach alter Rechtslage entfalteten vereinbarungsändernde Beschlüsse, die auf Grundlage einer gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Öffnungsklausel gefasst werden ohne Grundbucheintragung gegenüber Erwerbern von Wohnungseigentum. Mit der WEG-Reform bedürfen solche Beschlüsse der Eintragung im Grundbuch, um gegenüber Rechtnachfolgern wirken zu können, vgl. § 10 Abs.3 WEG (neu).

  • Sondereigentumsfähigkeit wurde erweitert

Sondereigentum können nunmehr auch Freiflächen, wie etwa Stellplätze und Terrassen werden, vgl. § 3 Abs.1 Satz 2, Abs.2 WEG (neu).

  • Entziehung des Wohnungseigentums

Mit der WEG-Reform wurden auch die Regelungen zur Entziehung des Wohnungseigentums angepasst. So wurde normiert, dass eine Verletzung der Pflichten, die gegenüber der Gemeinschaft bestehen, eine Entziehung des Wohnungseigentums rechtfertigen kann (z.B. bei Verletzung der Pflicht zur Kostentragung), vgl. § 17 Abs.2 WEG (neu). Ist die Gemeinschaft aus diesen Gründen eine Fortsetzung der Gemeinschaft mit dem Wohnungseigentümer nicht mehr zumutbar, kann die Gemeinschaft vom betroffenen Wohnungseigentümer die Veräußerung seines Wohneigentumes verlangen.

  • Harmonisierung von Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Zur Harmonisierung des Miet- und Wohnungseigentumsrecht sind Mieter von Sondereigentumseinheiten zur Duldung von Baumaßnahmen in der Wohnungseigentumsanlage verpflichtet, vgl. § 15 WEG (neu). In Bezug auf die Betriebskostenabrechnung sieht die neue Regelung vor, dass die in der Wohnungseigentümergemeinschaft geltende Kostenverteilung (nach Miteigentumsanteilen anstatt nach Wohnfläche) auch zwischen dem Eigentümer und Mieter gilt, vgl. § 556a Abs.3 BGB (neu).

Die vom Bundestag und Bundesrat beschlossene Fassung des WEMoG können Sie hier (pdf) nachlesen.

Jochen Mittenzwey
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
MO45LEGAL – Bschorr | Warneke | Sukowski GbR
Rechtsanwälte und Notare
mittenzwey@mo45.de