Keine Bauhandwerkersicherheit nach § 650f BGB – keine Mangelbeseitigung – aber auch kein Werklohn für mangelhafte Leistungen!
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. Juli 2024 – 12 U 75/23
Das OLG Schleswig hatte folgenden Sachverhalt zu entscheiden, der in der Praxis häufig vorkommt (verkürzt dargestellt): In einem Bauvorhaben forderte der Auftragnehmer vom Auftraggeber nach Fertigstellung seiner Leistungen den Werklohn. Der Auftraggeber nahm aufgrund von Mängeln weder die Leistungen ab noch zahlte er den Werklohn. Stattdessen forderte der Auftraggeber den Auftragnehmer zur Mangelbeseitigung auf. Gleichzeitig forderte der Auftragnehmer vom Auftraggeber eine Bauhandwerkersicherheit gemäß § 650f BGB. Der Auftraggeber übergab jedoch keine Bauhandwerkersicherheit. Daraufhin verweigerte der Auftragnehmer die Mängelbeseitigung, kündigte den Vertrag und klagte auf den restlichen Werklohn.
Nach erstinstanzlichem Erfolg vor dem Landgericht Itzehoe verlor der Auftragnehmer in der Berufungsinstanz vor dem OLG Schleswig seine Klage. Aufgrund der vorliegenden Mängel konnte er seinen Vergütungsanspruch nicht voll durchsetzen. Das OLG Schleswig begründete dies damit, dass nach Beendigung des Nacherfüllungsstadiums der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers nur insoweit bestehe, als die Leistung mangelfrei erbracht sei . Vorhandene Mängel seien zu beachten. Ist die Leistung in Teilen mangelhaft, habe der Auftragnehmer nur Anspruch auf die um den Minderwert der Mängel gekürzte Vergütung. Dieser Minderwert sei anhand der auf die mangelhaften Leistungen anteilig entfallenden Vergütung zu ermitteln.
Eine bittere Entscheidung für den Auftragnehmer. Ähnlich entschied auch bereits das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 30.11.2023 (5 U 33/23), das jedoch auch auf die gegenläufige Auffassung hinsichtlich des Verhältnisses des Werklohnanspruchs bei einem Leistungsverweigerungsrecht und einer Kündigung gemäß § 650f Abs. 5 BGB im Falle von Mängeln verweist (Rechtsfolge für Vergütungsansprüche wie bei freier Kündigung). Es kann davon ausgegangen werden, dass hier noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Der einzige Wehrmutstropfen für den Auftragnehmer: Ein Kostenvorschussanspruch für die Ersatzvornahme besteht zugunsten des Auftraggebers nicht.
Im Ergebnis ist es jedoch so, dass der einst nacherfüllungswillige Auftragnehmer mit einer Minderung des Werklohns schlechter steht, als wenn er für die mangelhafte Leistung die volle Vergütung abzüglich der für die Mangelbeseitigung ersparten Aufwendungen und ggf. nach Anrechnung anderweitigen Erwerbs bekommt.
Jochen Mittenzwey
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht / Gesellschafter
MO45LEGAL – Bschorr | Warneke | Sukowski GbR
Rechtsanwälte und Notare
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