01.
Januar

Milieuschutz: Abwendung des gemeindlichen Vorkaufsrechts ohne Abschluss eines öffentlich-rechtlichen (Knebel)Vertrags

Die Gemeinde (in Berlin der Bezirk) hat z.B. in Milieuschutzgebieten und in Gebieten mit einer Erhaltungssatzung bei Grundstücksverkäufen ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Das heißt, die Gemeinde tritt anstelle des Käufers in den Kaufvertrag ein. Das ist mehr als ärgerlich für den Käufer, der nun nicht mehr Eigentümer der begehrten Immobilie werden kann. Dies kann der Käufer aber durch das sog. Abwendungsrecht verhindern. Der § 27 BauGB räumt dem Käufer eines Grundstücks unter gewissen Voraussetzungen das Recht ein, die Ausübung des Vorkaufsrechts der Gemeinde abzuwenden. Wenn der Käufer erklärt, die städtebaulichen Ziele (z.B. der Milieuschutz- oder der Erhaltungssatzung) zu wahren, ist die Gemeinde gehindert, das Vorkaufsrecht auszuüben. Es muss dann ein Negativattest ausgestellt werden. Ein Vorkauf durch die Gemeinde ist dann nicht möglich und der Kaufvertrag kann mit dem Käufer vollzogen werden. Gerade im Berliner Bezirk Friedrichshain – Kreuzberg übt der Bezirk das Vorkaufsrecht massiv aus. Möchte der Käufer ein Negativattest, bietet der Bezirk nur den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages an, der weit über die festgelegten Anforderungen der Milieuschutz- oder der Erhaltungssatzung hinausgeht und bei Zuwiderhandlung empfindliche Strafen von zum Teil 500.000,00 € und mehr vorsieht. Es soll dem Käufer suggeriert werden, dass nur bei Zustimmung zu diesem Vertrag, die Gemeinde/der Bezirk von dem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch macht . Dieses Vorgehen ist jedoch rechtswidrig. Die Abwendungsbefugnis ist ein subjektives öffentliches Gestaltungsrecht. Zur Wirksamkeit der Abwendung bedarf es daher keiner Annahme oder Zustimmung der Gemeinde oder gar des Abschlusses eines öffentlich-rechtlichen Vertrages. Es bedarf lediglich einer einfachen und verbindlichen Erklärung des Käufers das Grundstück entsprechend den städtebaulichen Zielen und Zwecken zu nutzen und hierzu in Zukunft auch in der Lage zu sein. Darüber hinaus muss sich ein Käufer nicht verpflichten. Die Gemeinde ist im Rahmen der Anhörung verpflichtet zuvor Auskunft über die Möglichkeiten und Grenzen der Verwendung des Grundstücks nach den geltenden baurechtlichen Vorschriften, bzw. nach den Zielen und Zwecken bspw. der Milieuschutz- oder Erhaltungssatzung zu erteilen. Käufer sollten daher nicht einfach eine von der Gemeinde verfasste Vereinbarung unterschreiben, sondern genau prüfen und neben einer Abwendungserklärung auch Widerspruch gegen den Bescheid zur Vorkaufsrechtausübung erheben.

Mehr zum Vorkaufsrecht und zur Abwendung lesen Sie hier.

 

Jochen Mittenzwey
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
MO45LEGAL – Bschorr | Warneke | Sukowski GbR
Rechtsanwälte und Notare
mittenzwey@mo45.de