Kauf und Verkauf von Immobilien in sozialen Erhaltungsgebieten

Vorkaufsrecht in sozialen Erhaltungsgebieten

Bei dem Kauf von Grundstücken, die sich im Geltungsbereich eines Milieuschutzgebietes befinden, ist das gesetzliche Vorkaufsrecht des Bezirks zu beachten. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB hat der Bezirk im Geltungsbereich einer Milieuschutzverordnung bei Verkauf der Immobilie ein gesetzliches Vorkaufsrecht, d.h. er tritt auf Käuferseite in den Kaufvertrag ein. Es steht im freien Ermessen des Bezirks, ob er das Vorkaufsrecht ausübt oder nicht, was Investoren die Planung und Projektentwicklung erschwert. Die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts beträgt zwei Monate ab Erhalt des Kaufvertrages durch den beurkundenden Notar. Oftmals erfährt der Bezirk aber auch schon vorher von Mietern, dass ein Verkauf ansteht.

Die nachfolgende Grafik stellt die verschiedenen Möglichkeiten bei der Ausübung der Vorkaufsrechts durch den Bezirk/die Gemeinde dar:

1. Abwendung des Vorkaufsrechts

Der Käufer, der die Ausübung des Vorkaufsrechts des Bezirks verhindern möchte, kann den Vorkaufsfall abwenden. Der Bezirk verlangt hierzu regelmäßig nicht nur die verpflichtende Erklärung des Käufers, das Grundstück im Sinne der Milieuschutzverordnung zu nutzen und hierzu auch in der Lage zu sein, sondern vielmehr den Abschluss einer Abwendungsvereinbarung in Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrages. In dieser Abwendungsvereinbarung werden oftmals Pflichten des Käufers vereinbart, die weit über die gesetzlichen Anforderungen an den Milieuschutz hinausgehen. Zum Beispiel verlangt der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg in seiner Muster-Abwendungsvereinbarung von dem Erwerber, auf die Begründung von Wohn- oder Teileigentum zu verzichten. Ebenso soll sich der Erwerber dazu verpflichten, den Rückbau, energetische Sanierungsmaßnahmen sowie das Anbauen von Balkonen und Fahrstühlen zu unterlassen. Der Erwerber muss sich hierauf mitunter bis zu 20 Jahre lang verpflichten und dem Land Berlin zur dinglichen Sicherung eine entsprechende Dienstbarkeit im Grundbuch gewähren. Die Abwendungsvereinbarungen sehen auch regelmäßig empfindliche Vertragsstrafen vor.

Die Muster-Abwendungsvereinbarung des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg (Stand: März 2017) ist abrufbar unter: https://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/politik-und-verwaltung/bezirksamt/florian-schmidt/artikel.574275.php)

Aktuell soll seit dem 21.3.2019 eine neue Muster-Abwendungsvereinbarung für alle Bezirke existieren (Quelle: Pressemitteilung d. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen vom 25.3.2019). Neuerungen sollen sein:

  • zusätzliche Mieterinformationsrechte
  • Mietpreisdämpfende Regelungen, die über die gesetzliche Mietpreisbremse hinaus Mietsteigerungen deckeln soll
  • Ausschluss von Staffelmietverträgen
  • Einschränkung der Geltendmachung von Eigenbedarf durch den Eigentümer

Der Käufer muss sich nicht über die gesetzlichen Vorgaben hinaus verpflichten. Lässt der Bezirk hier nicht mit sich verhandeln, könnte der Käufer vor dem Verwaltungsgericht gegen den dann folgenden Ausübungsbescheid vorgehen.

2. Kein Vorkaufsrecht im Geltungsgebiet eines Bebauungsplans

Das Kammergericht überprüft aktuell eine Entscheidung des Landgerichts Berlin, wonach der Bezirk dann gem. § 26 Nr. 4 BauGB kein gesetzliches Vorkaufsrecht hat, wenn die zu verkaufende Immobilie im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegt, diesen Festsetzungen entspricht und keine Missstände vorliegen, sog. Privileg der maßnahmenkonformen Nutzung (siehe Rechtsprechung: Kein Vorkaufsrecht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans).

3. Kein Vorkaufsrecht bei Rechten nach Wohnungseigentumsgesetz und Erbbaurechten

Das Vorkaufsrecht des Bezirks ist ausgeschlossen, wenn bereits aufgeteilte Wohnungen verkauft oder nur Erbbaurechte an dem Grundstück vergeben werden, vgl. § 24 Abs.2 BauGB.

4. Möglichkeiten der Grundstücksübertragung ohne Vorkaufsrecht

Das gesetzliche Vorkaufsrecht tritt nur bei Grundstücksverkäufen ein. Es sind neben dem klassischen Grundstückskaufvertrag jedoch auch andere Übertragungsformen möglich, ohne dass ein Vorkaufsrecht für den Bezirk besteht. So kann die Unsicherheit in Bezug auf die Ausübung des Vorkaufsrechts und der Aufwand der rechtlichen Überprüfung minimiert werden.

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